Du bist nicht das, was du anhast! Klar, das weißt du schon. Aber handelst du auch so? Oder warum fällt es dir so schwer, dich von deinen Schrankleichen zu trennen?
Dieser Text geht an alle Mädels da draußen. Es gibt sicherlich auch Männer, die ein Problem damit haben, ihren Kleiderschrank auszumisten. Doch ich denke, dass davon hauptsächlich Frauen betroffen sind. Warum ist das so? Und wie kannst du das ändern?
Vergangene Woche hatte ich Besuch von einem Kamerateam von RTL. Es ging um das Project 333, bei dem ich im Winter mitgemacht habe. Sie wollten einen Blick in meinen Kleiderschrank werfen (und ihn natürlich auch filmen). Also habe ich den Schrank vorher schön aufgeräumt und war ziemlich geschockt: Wie viel da noch drin war! Ich habe in den letzten Jahren säcke- und kistenweise Klamotten gespendet, verkauft und entsorgt und noch immer ist so viel übrig. Als das TV-Team wieder weg war, wurde mir klar: Das geht so nicht.
Für welche Rolle ist dieses Kostüm?
Am Tag darauf habe ich mich vor meinen geöffneten Schrank gesetzt und mich gefragt, warum ich so an den Sachen darin hänge. Rational betrachtet wusste ich ja, welche Klamotten ich gerne und oft anziehe und welche nicht. Warum kann ich mich also von einigen Teilen nicht trennen?
Schließlich kam mir die Erleuchtung (erst ein paar Tage später, wahrscheinlich im Auto, auf dem Klo oder unter der Dusche, wie immer): Meine Kleidungsstücke zeigen, wer ich bin. Wow, was für eine Erkenntnis! Aber es geht ja noch weiter. Wenn ich etwas nicht anziehe und trotzdem behalte, dann weil es dafür steht …
- wer ich mal war
- wer ich sein möchte
- oder (am schlimmsten) wer ich gerne geworden wäre.
Was ich jetzt trage zeigt, wer ich wirklich bin. Alles andere sind nur Kostüme für Rollen, die ich in der Vergangenheit mal gespielt habe oder nie bekommen habe.
Ein kleiner Einschub: Ich finde es furchtbar, sich über sein Äußeres zu definieren. Oder definieren zu lassen. Bei vielen Frauen trifft leider beides zu. Deshalb finde ich, wir müssen unseren Klamotten (und unserem Make-up und unserer Frisur und allem, womit wir uns gerne schmücken) die Macht über uns nehmen. Du bist nicht das, was du trägst. Du bist nicht deine Haarfarbe, die Größe deiner Brüste oder dein Taillenumfang, du bist nicht dein Nagellack und auch nicht deine verdammten Schuhe. Du bist das da drunter. Wenn du dich selber über dein Äußeres definierst, dann erlaubst du das auch den Anderen.
Aber was predige ich hier, wo ich doch selber darum trauere, dass mir das sieben Jahre alte Blümchenkleid nicht mehr steht. Es gibt so gewisse Denkmuster, die legt man nicht so leicht ab. Und dazu gehört eben auch, dass es wichtig ist, was man trägt.
Nun aber zu den drei teuflischen Kategorien.
1. Wer ich mal war: Mit 18 trug ich gerne sehr tief sitzende Jeans und knappe Shirts. Das hatten damals alle an. Ich habe mir mit 15 ein Tattoo stechen lassen, ein Tribal zwischen den Schulterblättern, so ein richtiges Katalog-Tattoo. Deshalb habe ich sehr viele Spaghettiträgertops und Neckholder-Shirts besessen. Das Tattoo ist noch immer da, die knappen Tops nicht mehr. Sie gefielen mir irgendwann nicht mehr und sie passten auch nicht mehr. So ist es mir noch mit anderen Klamotten gegangen. Doch immer überkam mich der Wehmut. Gewisse Kleidungsstücke erinnern einen daran, wer man mal war. Ich besitze mein Abiball-Kleid noch, weil es mich an die stolze Abiturientin erinnert, die ich an diesem Abend war.
Was kannst du dagegen tun? Abschied nehmen. Lass die Erinnerungen zu, die mit diesem Kleidungsstück kommen. Schwelge noch einmal in der vergangenen Zeit, freu dich darüber, dass sie war, und dann lass sie los. Du kannst dich auch ohne den Gegenstand an diese Zeit erinnern. Es kann sein, dass die Erinnerung, die an einem Teil hängt, dich runterzieht. Das ist zum Beispiel bei Kleidungsstücken so, die dir nicht mehr passen. Du fühlst dich schlecht, weil sich deine Figur in eine Richtung verändert hat, die du nicht magst. Ich persönlich halte nichts von der Motivationsjeans in Größe 34, die man sich an den Schrank hängt um leichter wieder abzunehmen. Solche Kleidungsstücke solltest du auf jeden Fall loswerden. Sie sorgen nur dafür, dass du dich nicht selber lieben kannst.
2. Wer ich sein möchte: Jede Frau hat in ihrem Schrank mindestens ein Teil, das sie wunderschön findet, aber noch nie getragen hat. Irgendwie kam nie die passende Gelegenheit. Solche Stücke zeigen meistens, wer man gerne sein möchte. Der Hosenanzug, den man tragen will, wenn man endlich einen Job als Managerin bekommt. Das Abendkleid für den Besuch in der Oper. Das Batikkleid für den Karibik-Urlaub. Die Manolo Blahniks für die erste Reihe bei der Fashion Week. Und das Prinzessin-Leia-Kostüm, das man bei der Comic-Con in San Diego tragen möchte. Das alles sind Träume, die sich hoffentlich irgendwann erfüllen. Gegen diese Stücke ist erstmal nichts einzuwenden, außer dass sie Platz im Schrank wegnehmen. Gefährlich wird es erst, wenn sie zu lange dort hängen. Denn dann rutschen sie in die Kategorie Nummer 3.
Was hilft? Gar nicht erst kaufen. Gibt es keinen konkreten Anlass, um etwas zu tragen, lässt du es im Laden hängen.
3. Wer ich gerne geworden wäre: Du arbeitest jetzt so lange als Lehrerin, dass sich dein Traum von der Managerinnen-Karriere in Luft aufgelöst hat. Karibikurlaub? Du hast panische Flugangst. Deshalb wirst du auch nie die Comic-Con besuchen. Opern sind gar nicht so unterhaltsam, wie du immer dachtest und für ein Ticket zur New Yorker Fashion-Week müsstest du entweder im Lotto gewinnen oder mit einem Modedesigner schlafen, was beides ziemlich schwer wird. Kurz gesagt: Deine Träume haben sich nicht erfüllt. Das passiert, täglich sogar. Manche Träume stellen sich als Wunschdenken heraus oder stehlen sich irgendwann klammheimlich aus unserem Leben. Dafür kommen neue Träume hinzu. So ist das eben. Es bringt dich allerdings nicht weiter, wenn du beim Öffnen deines Kleiderschrankes immer wieder an deine geplatzten Träume erinnert wirst. Denn da hängt noch immer das Prinzessin-Leia-Kostüm, gleich neben dem Ballkleid. Beide flüstern leise: „Versagerin… Versagerin… Versagerin“. Dabei hast du gar nicht versagt. Es kommt nur manchmal anders, als man denkt. Und das ist OK. Gib solchen Kleidungsstücken keine Chance, dich herunterzuziehen.
Wie geht das? Es gibt einen Grund, warum sich dieser Traum nicht erfüllt hat und warum dein Leben jetzt so aussieht, wie es aussieht. Du hast dich dafür entschieden. Vielleicht sind Dinge passiert, die deine Entscheidung eine Richtung gegeben haben. Doch letztlich bist du für dein Leben verantwortlich. Du kannst auch jetzt noch nach New York ziehen, bei einem Mode-Magazin anheuern und bei der Fashion-Week am roten Teppich stehen. Aber willst du das noch? Gehe mit diesen Fragen jedes einzelne Kleidungsstück und die damit verbundenen Hoffnungen durch. Am Ende wirst du entweder feststellen, dass du etwas an deinem Leben ändern musst, oder dass es gut so ist, wie es ist. Und dann kannst du mit deinen veralteten Träumen auch deine Schrankleichen loslassen.
Du hast keine Lust auf diese Seltbsttherapie (obwohl ich dir das wirklich empfehle), willst deine Garderobe aber trotzdem deutlich reduzieren? Dann mache dir bewusst, dass all deine Klamotten nur Gegenstände sind. Vergiss, welche Gefühle du damit verbindest. Sieh sie mit den Augen eine Second-Hand-Laden-Besitzers: Was ist noch was wert und was ist Schrott? Was nimmt nur Platz auf der Kleiderstange weg? Sind Stücke noch gut, gib sie zurück in den Kreislauf, also verkaufe oder spende sie. Und wenn du etwas brauchst, dann schau nach gebrauchten Klamotten. Die sind nicht teuer und mussten nicht extra für dich hergestellt werden. Lass den nächsten Kleidermarkt oder einen Second-Hand-Anbieter wie Ubup.de zu deinem Kleiderschrank werden: Nimm heraus, was du gerade gerne tragen willst, und gib Überflüssiges wieder zurück.
Wie entscheidest du, welche Kleidungsstücke du weggibst und welche du behältst?
Der Beitrag Warum es dir so schwer fällt, dich von deinen Klamotten zu trennen. Und was du dagegen tun kannst. erschien zuerst auf MalMini.